Isolator II Presse

Isolator II Dokumentarvideo 1996

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RHEINISCHE POST
Nr. 261, Samstag, 9. November 1996

Der Isolator schützte Hans Werner Knechten vor tödlichen Infektionen. Film über Knochenmarktransplantation / Ein Höhepunkt des Festivals

Rheinhauser Feuerwehrmann überlebte im „Isolator II“
Von PETER KLUCKEN
Eine Knochenmarktransplantation ist eine Tortur. Die körperlichen und seelischen Leiden, die ein Patient dabei zu erdulden hat, seien eigentlich unzumutbar, gestehen die Ärzte ein: Dabei liegen die Überlebenschancen nur bei 50 Prozent. Und dennoch ist die Knochenmarktransplantation bislang die einzige Möglichkeit, bei bestimmten Krebsarten den tödlichen Verlauf der Krankheit zu stoppen. Beim Rheinhauser Feuerwehrmann Hans Werner Knechten wurde vor etwa zwei Jahren ein solcher Krebs diagnostiziert. Die Dokumentation über seine Behandlung in der Düsseldorfer Universitätsklinik wurde jetzt auf der 20. Duisburger Filmwoche gezeigt. Alle Zuschauer, darunter viele Filmemacher aus Deutschand, Osterreich und der Schweiz, waren sich einig, daß „Isolator II“ ein Höhepunkt des Festivals war. Das lag gewiß auch an der Persönlichkeit von Hans Werner Knechten, der den Film gewollt hat und ein Sympathieträger mit viel Ausstrahlung ist. Obwohl der Rheinhauser, der ein „bescheidenes, aber zufriedenes“ Familienleben führt, vom Ernst seiner Krankheit und vom unbestimmten Verlauf der lebensgefährlichen Chemo-Therapie wußte, vermittelt er stets Optimismus. Selbst in den Momenten, wo er selber nicht mehr an Heilung glauben kann, weil die ständige Übelkeit überhand nimmt und die Lebenskräfte gänzlich zu schwinden scheinen, läßt er sich nicht fallen.
Galgenhumor – ganz einfach
Er beweist Galgenhumor, wenn er angesichts der hochtechnisierten medizinischen Untersuchungsmethoden sagt: “ Wenn ich schon keine Witz mehr reißen und nicht mehr lachen kann, dann ist mit mir etwas nicht in Ordnung. Das ist ganz einfach.“
Hans Werner Knechten hätte sich vermutlich nicht für den Film entschieden, wenn der Regisseur ein anderer als Martin Zawadzki gewesen wäre. Der Filmemacher (Jahrgang 1957), der aus Oberhausen stammt, hat vor fünf Jahren selber eine Knochenmarktransplantation mitmachen müssen, als alle anderen „Alternativmethoden“ versagten und der Tod unmittelbar bevorstand. Vermutlich war der Film, der ihm von einem behandelnden Arzt nahegelegt wurde, auch eine Art Therapie (dieser Arzt war bei der Duisburger Premiere des Films übrigens dabei). Daß „Isolator II“ darüber hinaus auch filmisch überzeugen kann, spricht für das Talent Zawadzkis. Hans Werner Knechten geht es heute wieder gut. Übrigens auch der Zuschauerin, die während des Films in Ohnmacht fiel und von den anwesenden Düsseldorfer Ärzten gleich fachmännisch behandelt werden konnte.

NRZ, Nummer 265, Samstag, 9. November 1996

Film: Isolator II
Der Kampf ums Überleben ist einsam
Duisburger verkörpert das Prinzip Hoffnung

„Ich muß das schaffen. Ich schaff das auch.“ Wie oft hat sich Hans Werner Knechten das selbst gesagt? Wie oft hat er die andere innere Stimme niedergerungen, die des schieren Verzweifelns, des schwindenden Mutes, der aufkeimenden Hoffnungslosigkeit? Wie oft in diesen sechs Wochen, in denen er hermetisch abgeriegelt von der Außenwelt Isolierstation einer Düsseldorfer Klinik seinen einsamen Kampf gegen den Krebs in seinen Knochen gefochten hat. Allein war er dabei nicht. Ein Team um den Filmer Martin Zawadzki begleitete den früheren Feuerwehrmann aus Rheinhausen bei seinem schweren Weg. Fünf Jahre vorher war Zawadzki ihn gegangen. Beide waren sich dessen bewußt, daß der Film „Isolator II“, der jetzt auf der Duisburger Filmwoche gezeigt wurde, mit Knechtens Tod hätte enden können. 50 zu 50 stehen die Chancen für den Patienten bei einer Knochenmarktransplantation. Knechten willigte dennoch ein, ungeachtet der Konsequenzen.
„Weil er anderen Menschen zeigen wollte, daß es immer noch Möglichkeiten gibt“, sagt seine Frau Helga. Leise seufzt sie hinzu: „Ich hätte das an seiner Stelle nicht getan. Man gibt doch viel von sich preis.“
Auch Zwadazki tut das. In einigen wenigen Bildern aus seiner Isolationszeit verknüpft er sein Schicksal mit dem Knechtens, schildert seine rastlose Suche nach anderen Auswegen und seine von Angst getriebene Rückkehr zur Einwilligung in die Operation. Aber Zawadzki will auch zeigen, wie hochtechnisiert die Krankenhauemaschine funktioniert, welcher Aufwand betrieben wird, welcher Einsatz von Mensch und Material, um ein Menschenleben zu retten. Und in dem verständlichen Drang, all das erklären zu wollen und erklären zu müssen, damit er verstanden wird, tut er manchmal des Guten zuviel, etwa wenn er Bilder aus einem Lehrfilm über Transplantationen zeigt.
Hans Werner Knechten ist es, der im Gedächtnis bleibt. Seine Haltung, von‚ Bestrahlung und Chemotherapie gezeichnet, so nah am Tod, so fern vom Leben, sagt so viel. Und als er über den Berg ist, so nah am Leben, so fern vom Tod, sagt er: „Das Leben ist schön. Das sag ich Ihnen.“ Und endlich als die Schranken fallen, als er nach sechs Wochen seine Frau wieder in die Arme schließt, kann er auch weinen. In diesem, seinem schwächsten Moment in dem Film, hat er die größte Stärke Ünd sagt wortlos, was er sagen wollte: Es gibt immer noch eine Möglichkeit, solange die Hoffnung lebt.
Ulla Saal

epd Film 1/97

Ein Ort der Neugier – 20.Duisburger Filmwoche

(…) Die Möglichkeit, Menschen in Grenzsituationen zu zeigen, nutzt, wie Eva Hohenberger in ihrem Vortrag über die „Körperlichkeit“ im Dokumentarfilm anmerkte, dieser – anders als der Spielfilm – mit dem „Vorzug der Authentizität“. Ein Vorzug, der auch Fragen aufwirft, denn: Was darf man zeigen, ohne die Intimität des Gefilmten zu verletzen? Wie gehen wir als Zuschauer mit dem Ausdruck von Schmerz und Verzweiflung um? In IS0LAT0R II begleitet Martin Zawadzki eine Knochenmarktransplantation, eine medizinisch aufwendige und risikoreiche Prozedur, die der damals leukämiekranke Filmemacher fünf Jahre zuvor an sich selbst hat vornehmen lassen. Die beklemmende Reportage über die 25 Tage des Feuerwehrmannes Hans Werner Knechten in der Isolierstation der Düsseldorfer Universitätsklinik vollzieht in Montage und Bildgestaltung die Vernetzung des Menschen in den komplizierten medizinischen Apparat nach. Der mit dem Förderpreis der Arbeitsgemeinschaft der Filmjournalisten (Hauptpreis an POUSSIÈRES D’AMOUR) ausgezeichnete, radikal mutige Film bringt die Ambivalenz gegenüber dem medizinischen Fortschritt zum Ausdruck und fordert zur Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung zum Leben und dem Preis des Überlebens heraus. Zawadzkis Blick auf den Prozeß dieser Knochenmarktransplantation ist kein kalt medizinischer Blick. Hinter der Kamera bleibt er als ein Autor spürbar, der weiß, was er zeigt und wovon er spricht.
Klaus Gronenborn

Nordkurier, 04.11.1997, S.8

TV-KRITIK Beeindruckend und informativ 3sat: „Isolator II“

Für einen 48jährigen lautet die Diagnose: Krebs. Nur eine Knochenmarktransplantation könnte Heilung bringen (Sonntag, 21.45 Uhr). Offen wird dem Mann mitgeteilt, daß die Behandlung eine sehr große physische und psychische Belastung sein wird (für einen Teil der Patienten endet sie tödlich), aber die Chance bedeutet, schmerzfrei leben zu können. Der Patient gibt sein Einverständnis – auch für das Ansinnen Martin Zawadzkis, die gesamte Behandlung per Kamera festzuhalten.
Dem Berliner Regisseur, der auch auf der 6. dokumentART in Neu-brandenburg einen Film vorstellte, ist ein spannender, sehr beeindruckender Dokumentarfilm gelungen. Er sagt vieles über medizinische Verfahren aus – der Patient wird isoliert in einer keimfrei gemachten Raumzelle behandelt -‚ doch steht immer der Mann mit seinen Empfindungen im Mittelpunkt. Ohne aufdringlich oder zu intim zu wirken, protokolliert der Film das dramatische Geschehen und vermittelt das Vertrauensverhältnis zwischen allen Beteiligten. Als Stärke muß man hervorheben, daß Zawadzki die Krankheit komplex von mehreren Seiten erfaßt, wozu auch Szenen aus Meditationsgruppen gehören.
Marianne Voß

Frankfurter Allgemeine Zeitung
Nr. 69, Montag, 23. März 1998, Seite 43

Ihren Namen, bitte
Konkurrenz verzweifelt gesucht: Grimmes Preis

(…) Martin Zawadzki („Isolator II“, SFB/ZDF/3sat) und Andres Veiel („Die Uberlebenden“, ZDF) vermochten ihren persönlichen Zugang zum Thema in einer Weise zu nutzen, die die Zuschauer in Grenzbereiche trieb und sie sehen ließ, was man kaum ertragen konnte. Mehr noch als für Veiels Geschichte von drei Klassenkameraden, die Selbstmord begangen haben, gilt dies für Zawadzkis Dokumentation einer Knochenmarkstransplantation und die Wochen, die der Patient hernach auf der Isolierstation verbringen muß. (…)
MICHAEL HANFELD

die tageszeitung
Freitag, 13. März 1998

Tod und Teufel

Seine Grimme-Preise hat nun auch das 97er TV-Jahr. Fazit: Schwermut auf hohem Niveau (…) Auf ganz andere Art souverän geht der Dokumentarfilmer Martin Zawadzki auf das Thema Tod zu. Sein Erstling „Isolalor II“ (SFB/ZDF/3sat) zeigt die existentielle Bedrohung einer Knochenmarktransplantation in all seiner Brutalität. Der Film begleitet einen Patienten durch die sechs Wochen dauernde Therapie, die nur die Hälfte der Patienten überlebt, und montiert diese klassischen Dokumentarbilder mit Versatzstücken anderer Genres. Entstanden ist so ein sehr konzentrierter Essayfilm über den Weg vom Leben in den Tod ins Leben.(…)
Klaudia Brunst
Die Autorin war Mitglied der Jury „Allgemeine Programme“

Der Tagesspiegel
Nr.16290, Donnerstag, 26. März 1998, Seite 35

Die Isolierstation ist die Hölle
3sat wiederholt die grimmepreisgekrönte Krankenhaus-Dokumentation „Isolator II“

„Ich muß das einfach schaffen, egal wie. Ich schaff das auch.“ Hans Werner Knechten gibt sich optimistisch. Doch die nächsten Wochen werden für den 48jährigen zu einer schweren Prüfung. Wegen bösartiger Tumore im Knochenmark muß er sich einer lebensgefährlichen Knochenmarktransplantation unterziehen. Strahlentherapie und Chemotherapie inklusive. Das bedeutet 26 Tage Isolierstation, 26 Tage Hölle. Während dieser Zeit hat der Berliner Regisseur Martin Zawadzki Knechten begleitet. Mit seinem Film „Isolator II“ (heute, 23 Uhr, 3sat), der am Freitag mit dem Adolf Grimme Preis ausgezeichnet wurde, hat Zawadzki auch seine eigene Leidensgeschichte aufgearbeitet.
Denn 1989 lag der damals an Leukämie erkrankte Regisseur auf derselben Isolierstation der Düsseldorfer Universitätsklinik. Fotos und Videoaufnahmen aus dieser Zeit zeigen Zawadzki mit kahlem, von der Therapie völlig deformiertem Schädel. „lsolator II“ ist so zu einem sehr persönlichen Film geworden. der im Tonfall jedoch kühl und distanziert bleibt. Getragen wird diese beklemmende Collage vor allem von der Persönlichkeit Knechtens, der sein Leiden mit Würde und Galgenhumor erträgt. Angesichts seiner behandlungsbedingten Entstellung erklärt er dem Filmteam trocken: „Wenn ihr mal so’n Gangsterfilm dreht, könnt ihr mich einladen.“ ANDREAS BALZER

Neue Züricher Zeitung
Sa/So 5./6. Feb. 2000

Mut machen für den Kampf gegen den Krebs

lor. (…) Entwirft Connie Walthers Fernsehspiel ein eher zu rosiges Bild des Schicksals einer Krebspatientin, so ist die ebenfalls mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Dokumentation «Isolator II» (1996) von Martin Zawadzki eine Herausforderung für den Zuschauer. Zawadzki, Jahrgang 1957, der sich 1989 selbst einer Knochenmarktransplantation (KMT) unterziehen musste, dokumentiert den sechswöchigen Aufenthalt des KMT-Patienten Hans Werner Knechten auf der Isolierstation einer Grossklinik. Der Zuschauer erhält Einblicke in Prozeduren, die, so der Stationsarzt, «die Vorstellungskraft der Normalbevölkerung weit überschreiten». Dennoch soll der Film, so will es Zawadzki, nicht deprimieren, sondern Leidensgenossen Mut machen, die Qualen dieser Maximaltherapie durchzustehen. In die Dokumentation von Knechtens Behandlung sind Photos und Videoaufnahmen montiert, die von Zawadzkis eigener Krankengeschichte erzählen. Bilder einer Zenzeremonie und Aussagen eines Psychotherapeuten stehen für spirituelle und psychosomatische Zugänge zur Krankheit. Doch der Film enthält sich einer Wertung zugunsten des einen oder anderen Wegs. Entscheidend ist, dass der Patient seine Selbstheilungskräfte aktiviert – auf welche Weise auch immer. Für Zawadzki waren meditative Visualisierungsübungen nach 0. Carl Simonton hilfreich, die aus dem 0ff zu hören sind. Der Lohn des 48jährigen Knechten für die Torturen ist – falls er die Transplantation überlebt – wahrscheinlich nicht die Heilung, sondern ein Zeitgewinn: mehrere beschwerdefreie Jahre. Zawadzkis Film führt drastisch vor Augen, wie kostbar die Lebenszeit ist. Die Stimme vom Meditationsband mahnt zu klären, was im Leben wichtig ist: «Wenn du zwingende Gründe für deinen Wunsch hast, gesund zu sein, dann werden sie dir helfen, tatsächlich gesund zu werden.» (Arte, 3. Febr.)