Isolator II Adolf Grimme Preis

Isolator II Dokumentarvideo 1996

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Adolf Grimme Preis an:
Martin Zawadzki (Buch / Regie)

für Isolator II (SFB/ZDF/3sat)
Produktion: TAG/TRAUM Film- und Videoproduktion, Köln/DFFB, Berlin

BEGRÜNDUNG DER JURY:

Für die Krebspatienten der sterilen Station der Uniklinik Düsseldorf ist der Isolationsraum die letzte Rettung. Um zu überleben, setzen sie dort ihr Leben aufs Spiel: Vor der rettenden Organspende wird eine Bestrahlung das eigene Immunsystem zunächst komplett zerstören. So sollen Unverträglichkeiten minimiert werden. Stößt der Körper das Transplantat trotzdem ab, ist die Gerätemedizin am Ende. Die Chancen stehen 50:50. Eine Hälfte stirbt, die andere lebt und ist geheilt. Martin Zawadzki hat diese Behandlung selbst durchgemacht. Jetzt begleitet er einen Patienten auf der sechs Wochen dauernden Tortur vom Leben in den Tod ins Leben. Der Feuerwehrmann Hans Werner Knechten, 48, ist eine vitale und willensstarke Persönlichkeit. Er hat das relative Glück eines relativ leichten Therapieverlaufs. Trotzdem scheint er fast an den schier unerträglichen Schmerzen zu zerbrechen. Der Tod ist allgegenwärtig. »Isolator II« geht diese existentielle Bedrohung mit allen Mitteln an. In strengem Rhythmus wechseln die Perspektiven: Das nüchterne Krankenblatt des Patienten korrespondiert mit derAngst der hilflosen Ehefrau. Der rationale Lehrfilm über Transplantationsmethoden tritt in Dialog mit den spirituellen Lehren des Zen-Buddhismus. Mediziner und Krankenschwestern kommen zu Wort. Ein Therapeut sucht nach Hilfestellungen und ein Starchirurg einen Ausweg in der Philosophie. Die rigiden Methoden der modernen Apparatemedizin werden auf diese Weise in all ihrer lebensrettenden Faszination gezeigt und doch auch als hilflos und brutal entzaubert. Und schließlich ist da noch der Autor selbst. Als könne er die Schmerzen des Feuerwehrmanns so auf sich nehmen, lenkt Zawadzki den Blick in den schwärzesten Momenten der Transplantationstherapie auf sich: Ohne jedes Selbstmitleid berichtet er über die eigene, durch die Knochenmarkspende überwundene Krankheit und zeigt Fotoaufnahmen, die ihn krank, entstellt und verzweifelt zeigen. So vermag er den Feuerwehrmann Knechten vor der letzten Zudringlichkeit der Kamera zu schützen und sogar in dieser Extremsituation die notwendige Distanz zu wahren. Ohne Zawadzkis eigene traumatische Überlebenserfahrung hätte dieser Essayfilm sicher nicht jene Eindringlichkeit und Einfühlung aufbringen können,die den Film so auszeichnen. »Isolator II« konnte nur von einem Betroffenen gemacht werden. Daß es trotzdem kein Betroffenheitsfilm geworden ist, ist seine große Stärke.

Martin Zawadzki wurde 1957 in Oberhausen geboren und lebt in Berlin. Seit 1981 arbeitet er als bildender Künstler und als Fotograf. 1995 absolvierte er die Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin. Sein erster Film, die 16-Millimeter-Dokumentation »Sabra« (zusammen mit Armin Schneider) entstand jedoch bereits im Jahr 1986. Weitere Dokumentationen und Experimental Spielfilme auf 16 Millimeter und Video folgten. Isolator II erhielt 1996 in Duisburg den Förderpreis der Deutschen Filmkritik.